Bamana

Bambara (Bamana), mit etwa 2,7 Millionen Menschen und damit fast einem Drittel der Gesamtbevölkerung stellen die Bambara die weitaus größte Volksgruppe in Mali dar. Sie leben hauptsächlich zwischen der Hauptstadt Bamako im Westen und Segou im Osten, im Süden bis weit über die Stadt Bougouni hinaus bis an die Grenze zur Elfenbeinküste. Ihre Nachbarn im Osten sind von Nord nach Süd die Peul (Fulbe), Bobo, Senufo und Minianka, im Westen die Kasonke und Malinke. Neben den Dogon gelten die Bambara als die bedeutendsten Schnitzer in Mali. Ihre traditio-nelle sozial-religiöse Ordnung kennt eine Aufgliederung der Gesellschaft in so genannte Geheimbünde, die als religiöse und politische Organisation eine stete Kontrolle über ihre Mitglieder und damit über die Gemeinschaft auszuüben hatte.

In der Regel hatte jede Gemeinschaft sechs dieser Vereinigungen, Dyo (Pl. Dyow) genannt, die - in aufsteigender Reihenfolge - N'tomo, Komo, Nama, Kono, Tjiwara und Kore hießen, und durch die man im Leben gehen musste, auf der Suche nach vollkommener Weisheit.

Bei der Initiation von einer Vereinigung in die andere traten Masken auf, die auch in der Kunstgeschichte entsprechend bezeichnet werden. So tanzen die noch Uninitiierten im N'tomo-Bund mit einer ästhetisierenden Maske mit vertikal aufstrebenden Hörnern.

Die brettartigen, stark abstrahierten Masken des Komo-Bundes, deren Auftritt vom schrittegleichen, rhythmischen Stampfen Hunderter Männer des Bundes begleitet wird (Frauen und Nichtinitiierte dürfen sie nicht sehen), ist die aggressivste der Masken und ist konzipiert, furchterregend zu sein - Ausdruck der sozialen Kontrolle, vermittelt durch ihre inhärente animalische Natur. Sie ist meist von einer dicken Schicht aus getrocknetem Lehm und Opfermasse bedeckt, hat auf der Oberseite zahlreiche angeschnitzte oder echte Tierhörner und oft Stachelschweinborsten. Die Masken der rangnächsten Nama- und Kono-Gesellschaften ähneln der Komo sehr, doch lässt ihre Aggressivität nach: auf den Nama-Masken finden sich wenige Hörner, es gibt männliche und weibliche und sie gelten wie die Masken der Kono-Gesellschaft als vogelähnliche Wesen. Die Betonung der Nama-Gesellschaft liegt auf den zwischenmenschlichen Beziehungen und ihre Masken werden in einem Bienenkorb aufbewahrt - Symbol der Gemeinschaft. Der wiederum höhere Grad des Kono impliziert weniger die äußere Kontrolle der Gesellschaft oder auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sondern die Kontrolle über den Menschen selbst, über Moral und Bewusstsein, Körper und Geist. Die Kono-Maske wird oft als großer Vogel, als Symbol seines Geistes oder aber auch als Elefant, Symbol der Intelligenz interpretiert. Sie ist abstrakt, wie die beiden vorhergehenden, doch hat sie keine Hörner sondern flügelähnliche Ansätze an den Seiten.

Zu den bekanntesten Skulpturen und der afrikanischen Kunst überhaupt gehören die Antilopen-Tanzaufsätze tjiwara (tiywara). Sie dienen als Emblem von Luftverkehrsgesellschaften und sind sogar auf Geldscheinen zu finden. Ihr natürliches Vorbild ist die Pferde-Antilope, das Stammestier der Bambara, das sie einst lehrte, Bodenbau zu treiben. Die Bezeichnung Tjiwara steht für die fünfte der sechs Initiationsgesellschaften, die sich besonders der Verbindung des Menschen mit dem Kosmos annimmt und die Beziehung zum Ackerbau herstellt. Selten kommt die Vielfalt afrikanischen Kunstschaffens so deutlich zum Ausdruck, wie bei diesen Aufsätzen: Dominique Zahan bildet in ihrer Monographie über diese »antilopes du soleil« nicht weniger als 538 verschiedene Typen ab (Zahan, 1980). Der Bogen reicht vom noch fast naturalistisch entworfenen Tier über das manieristisch gestaltete Fabelwesen bis zur völligen Abstraktion, bei der nur Mähne und Hörner übrig bleiben.

Es gibt männliche und weibliche tjiwara und drei Haupttypen, die ihren Ursprung in verschiedenen Regionen haben: Der Stil der südlichen Bambara, die hier an die Malinke im Westen und die Senufo/Minianka im Süden und Osten stossen (sogoni koun). Es ist dies der am ehesten als manieristisch zu bezeichnende Stil, der auch die große Phanta-siebegabung der Bambara am deutlichsten zur Schau stellt, obwohl die Profiliertesten Objekte dieses Typs eigentlich von den Wasulunka, einer Malinke-Gruppe kommen, während die Bambara sie teilweise mit Figuren (Dioila-Region) oder auch natura-listischen Elementen versehen.

Der Stil um die Hauptstadt Bamako und deren nordwestlichem Hinterland (gonzon koun). Er ist horizontal orientiert: Die Hörner sind weit ausladend nach hinten gerichtet, der Körper ist ausgearbeitet, die Mähne existiert, wenn überhaupt, dann nur andeutungsweise; das Tier ist aus zwei Teilen gearbeitet, die am Hals durch einen Metallring ver-bunden sind.

Der Stil der östlichen Bambara (SegouMinianka-Typ) - etwa dem Bogen der Orte Segou-Koutiala-Sikasso entsprechend (tjiwara koun). Obwohl ein Teil dieser Bambara-Gruppe ethnologisch gesehen nicht zu den Bambara, sondern zu den Minianka, einer Gruppe der Senufo, gerechnet wird, gelten ihre Produkte doch als solche der Bambara. Bei diesem vertikal orientierten Typ sind Kopf und Mähne (bei den männlichen) die wichtigsten Elemente der Skulptur. Die weiblichen tragen statt der Mähne ein Kitz auf dem Rücken und haben gerade Hörner; Körper und Beine sind oft vollkommen zu Linien abstrahiert.

Die Kore-Gesellschaft schließlich vollendet den Weg, den der Mensch in einem ständigen Lernprozess durchläuft und lehrt ihn, das richtige Verhältnis zu Gott einzunehmen; dabei ist eine ständige Reinkarnation, ähnlich dem Buddhismus, vorgegeben - bis zur endlichen Einheit mit Gott. Die Masken, die hier verwendet werden, sind Tiermasken, sie illustrieren die Auseinandersetzung des Menschen mit seiner eigenen animalischen Qualität. Es gibt Affenmasken, Löwenmasken und verschiedene Mischformen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Hyänenmaske, suruku koun oder nama koroni koun, die das Buschlager bewacht, in der die Älteren die neuen Kore-Initianden unterrichten.

Zur Kore-Gesellschaft gehören auch eigenartige Tierköpfe, die meist als Pferdeköpfe interpretiert werden. Es sind dies Teile von Marionetten, auf denen - mit einem Stock versehen - die Initianden der vierten Klasse (Dugaw) des Kore-Bundes ähnlich wie auf einem Steckenpferd reiten; sie spielen diese Rolle, um den spirituellen Segen der »Vereinigung mit Gott« darzustellen. Es ist das Verdienst William Faggs, darauf hingewiesen zu haben, dass es sich bei diesen Tierköpfen, die kore duga koun heißen, nicht stets um die Köpfe von Eseln oder Pferden handelt, wie seit langem in der Literatur behauptet, sondern auch um Köpfe von Erdferkeln, die eine wichtige Rolle bei den Riten der Bambara spielen.

Die in den Masken der Komo-, Namaund Kono-Gesellschaft vereinten Energie bedarf einer gewissen Speicherung, um deren Präsenz und Einsatzfähigkeit nicht zu verlieren. Diese Aufgabe übernehmen die boliw (Sing.: boli). Sie bestehen in der Regel aus Lehm, Stachelschweinborsten, Stroh, Blut, Bienenwachs sowie anderen Stoffen und haben meist eine animalische Gestalt, können als solche oder auch als amorphes Kraftpaket als apotropäisches Mittel gegen Hexerei dienen. Die großen boliw werden meist als gemeindlicher Altar oder Schrein verwendet und lassen in der Gestaltung entweder eine Kombination verschiedener Tiere oder eines für kraftgeladen gehaltenes, wie z.B. ein Nilpferd oder ein Zebu-Rind erkennen. Gelegentlich werden kleine Goldstücke im Inneren eines boli verwahrt, um Geister anzulocken und um Kraft zu geben.

Kraftspeichernd sind bei den Bambara ebenfalls die rituellen Eisen-Objekte, die der Numu, der Schmied fertigt - ähnlich den boliw werden sie gelegentlich auf Hausaltäre gestellt, als Votivgaben verwendet, oder auch als persönliche Talismane mitgeführt. Es gibt Hinweise, dass die Do-Gesellschaft in den Regionen Bougouni und Dioila bei den Beschneidungszeremonien Eisenobjekte verwendet und diese dann den einzelnen Mitgliedern als persönlichen Talisman zueignet.

Von den Bambara sind nur einige wenige große Plastiken von hervorragender Qualität bekannt; häufiger dagegen sind Kleinplastiken in Gestalt von Ahnen oder Marionettenfiguren, Figuren für magische Zwecke oder auch für Zwillinge, die bei den Bambara sich eines besonderen Kultes erfreuen und - wie alle Figuren - von den Schmieden hergestellt werden. Wie bei den Dogon sind auch bei den Bambara die Schlösser für die Getreidespeichertüren häufig abstrakt-figurativ beschnitzt.

Andere Namen: BAMANA, BANMANA

Quelle: Lexikon Afrikanische Kunst und Kultur, Karl-Ferdinand Schaedler

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